Interview


mit Giulia Cantatore

Giulia ist Grafikdesignerin

"Mit meiner Weiblichkeit verknüpfe ich positiv Einfühlungsvermögen und Empathie, also ein Verständnis für die Gefühle und Bedürfnisse anderer Personen. Diese Eigenschaften zeigen meine weichen Seiten, die jedoch keinesfalls mit Schwäche verwechselt werden sollten."

Welche unangenehmen Gefühle sind oder waren mit deiner Weiblichkeit verbunden, und welche Erlebnisse hatten zu diesen Gefühlen geführt?


Giulia: Manchmal habe ich das Gefühl, als Frau nicht wütend sein zu dürfen und immer gut drauf sein zu müssen. Wenn ein Mann laut ist und seine Meinung durchbringt würde man vielleicht eher sagen, er sei durchsetzungsfähig, während eine Frau schnell als reizbar gilt.
Das hängt auch mit den Geschlechterstereotypen und den Erwartungen der Gesellschaft an Frauen zusammen. Ich habe schon öfter gehört: „Lächel doch mal“, und das empfinde ich als übergriffig. Als Frau muss ich nicht immer gut drauf sein und lachen. Allgemein habe ich diskriminierende Aussagen oder Verhaltensweisen erlebt, bei denen Frauen als schwach angesehen werden. Gefühle die damit in mir ausgelöst werden sind Wut und Schmerz.


Welche positiven Gefühle verknüpfst du mit deiner Weiblichkeit?


Giulia: Mit meiner Weiblichkeit verknüpfe ich positiv Einfühlungsvermögen und Empathie, also ein Verständnis für die Gefühle und Bedürfnisse anderer Personen. Diese Eigenschaften zeigen meine weichen Seiten, die jedoch keinesfalls mit Schwäche verwechselt werden sollten. Im Gegenteil, ich sehe darin eine innere Stärke. Weiblichkeit bedeutet für mich auch ein starkes Bewusstsein und Stolz, eine Frau zu sein. Außerdem assoziiere ich Weiblichkeit mit einer Fähigkeit, für Dinge zu brennen, die mir wichtig sind. Und die Kreativität, die ich habe, die Dinge umzusetzen.


Wie nimmst du die Beziehung zu deinem Körper wahr, und wie hat sich diese Beziehung im Laufe der Zeit entwickelt?


Giulia: Ich nehme meinen Körper als ein Wunder wahr, weil er jeden Tag funktioniert und mich durch den Tag trägt. Mittlerweile kann ich meine „Unperfektheiten“ besser akzeptieren.
Früher habe ich stärker nach Schönheitsidealen gestrebt und sehr viel Sport gemacht. Heute ist es mir einfach wichtig, gesund zu sein. Ich mache Sport hauptsächlich um fit zu sein und weil es mir Spaß macht und nicht um schlank zu sein. Allerdings kann ich mich trotzdem nicht ganz von Schönheitsidealen freisprechen, aber es beeinflusst mich weniger als früher.


Auf welche Weise bringst du weibliche Aspekte in deine berufliche Tätigkeit ein?


Giulia: In meinem Beruf als Grafikdesignerin bringe ich viele weibliche Aspekte ein, vor allem Kreativität und Empathie. Täglich nutze ich meine Kreativität, um Designs zu erstellen.
Dabei versuche ich Emotionen grafisch darzustellen, beispielweise durch Farben und Formen. Empathie spielt eine wichtige Rolle, da ich darüber nachdenke, was die Zielgruppe braucht, beispielsweise beim Gestalten einer Website. Dabei ist es wichtig sich in andere Personen hineinversetzen zu können. Außerdem komme ich in stressigen Phasen mit Ausdauer und Durchhaltevermögen weiter.


Wie siehst du dich selbst als Frau in Bezug auf deine Weiblichkeit?


Giulia: Ich würde mich als eine Mischung aus Stärke und Sanftheit beschreiben. Meine Stärke umfasst die genannten positiven Eigenschaften wie Leidenschaft und Bewusstsein.
Sanftheit zeigt sich in der Empathie, die ich anderen Menschen oder aber auch mir selber entgegenbringe. Dennoch kann ich den Schmerz, der durch die negativen Erfahrungen entsteht, nicht ausblenden und hoffe auf eine weniger diskriminierende Welt für Frauen und auf mehr Gleichberechtigung in der Zukunft.